Akute Krisen gehen bei Menschen mit Persönlichkeitsstörungen häufig mit suizidalem und selbstverletzendem Verhalten einher. Dies führt in nicht spezialisierten Behandlungsangeboten oft zu längeren Hospitalisationen und zur Anwendung von Zwangsmassnahmen. Das widerspricht jedoch den gängigen Leitlinien, nach denen eine ambulante Behandlung Therapie der Wahl ist und die längere Krankenhausaufenthalte zur Krisenintervention nicht empfehlen. Die Anwendung von Zwangsmassnahmen bei den betroffenen Patientinnen und Patienten kann ausserdem nicht selten zu Retraumatisierungen führen und Krisen sogar noch verstärken.
Forschende der UPK Basel haben daher untersucht, wie sich die Einführung eines neuen, spezialisierten Behandlungstracks für Menschen mit Persönlichkeitsstörungen auf der Kriseninterventionsstation (KIS) auf die Dauer eines Klinikaufenthaltes und die Häufigkeit von Zwangsmassnahmen ausgewirkt hat. Ausgewertet wurden mehr als 1750 stationäre Aufenthalte von Patientinnen und Patienten mit einer Persönlichkeitsstörung zwischen 2012 und 2019.
Erfolgreiche Kurzzeit-Krisenintervention
Die Ergebnisse zeigen einen «signifikanten Rückgang der medianen Dauer des Klinikaufenthaltes», so der Studienverantwortliche Prof. Christian Huber, Chefarzt und stellvertretender Leiter der Klinik für Erwachsene (UPKE). Zudem war während des gesamten Beobachtungszeitraums in den UPK ein Rückgang von Zwangsmassnahmen zu verzeichnen. Zwar gab es nach der Einführung des neuen Behandlungskonzepts keine weitere signifikante Abnahme – das liegt laut Christian Huber aber wahrscheinlich daran, dass die Häufigkeit schon vor Start der Analyse bei den UPK sehr niedrige Werte erreicht hatte.
Open Doors bei den UPK
Die UPK Basel führten vor mehr als zehn Jahren das Konzept der Open Doors ein. Christian Huber erhielt für seine wissenschaftliche und klinische Tätigkeit zu dieser Vorgehensweise unter anderem 2022 den «Inger Salling Preis». In der damaligen Laudatio wurden die Reduktion von Zwangsmassnahmen und die Öffnung der Psychiatrie als «hochrelevante Forschungsanliegen» gewürdigt, liessen sich dadurch doch Vertrauensbrüche und Therapieabbrüche verhindern und Empowerment und Recovery fördern.
Die Studie «Specialized short term crisis intervention for patients with personality disorder: Effects on coercion and length of stay» unter der Leitung von Christian Huber wurde im «International Journal of Social Psychiatry» veröffentlicht.